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Liquiritiae radix - Süßholzwurzel [Ph. Eur. 5. Ausgabe, 5. Nachtrag]

Stammpflanzen: Glycyrrhiza glabra L. / Gemeines Süßholz, Glycyrrhiza inflata BAIT. / Chinesisches Süßholz und Glycyrrhiza uralensis FISCH. / Chinesisches Süßholz;  [Fam. Fabaceae / Hülsenfrüchtler]. Synonyme: Glycyrrhiza glabra: Glycyrrhiza glandulifera WALDST. & KIT. Weitere, weniger gebräuchliche Synonyme sind Glycyrrhiza echinata LEPECH., Glycyrrhiza hirsuta L., Glycyrrhiza officinalis LEPECH., Glycyrrhiza pallida BOISS. & NOE, Glycyrrhiza violacea BOISS.& NOE, Liquiritia officinalis MOENCH und Liquiritia officinarum MEDIKGlycyrrhiza inflata: Keine bekannt. Glycyrrhiza uralensis: In der modernen Literatur keine gebräuchlich. Lediglich in älteren Quellen finden sich Angaben wie Glycyrrhiza asperrima L. f. var. uralensis (FISCH. ex DC.) R GL., Glycyrrhiza asperrima L. f. var. desertorum RGL., Glycyrrhiza grandiflora TAUSCH und Glycyrrhiza viscida TURCZ. ex BESS. Dt. Synonyme: Glycyrrhiza glabra: Bärendreck, Echtes Süßholz, Lakritze, Lakritzeholz, Lakritzenwurzel, Lakritzpflanze, Spanisches Süßholz, Süßholz, Süßholzwurzel. Glycyrrhiza inflata: keine bekannt. Glycyrrhiza uralensis: Chinesische Lakritze Englisch: Glycyrrhiza glabra: Common liquorice, Cultivated licorice, Licorice, Liquorice, Russian liquorice, Spanish liquorice, Sweet licorice, Sweet wood, True licorice. Glycyrrhiza inflata: Chinese licorice. Glycyrrhiza uralensis: Russian licorice, Chinese licorice.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Glycyrrhiza glabra: xxxx Glycyrrhiza inflata: xxx Glycyrrhiza uralensis: xxx

Verbreitung: Glycyrrhiza glabra: Von Spanien über Italien, die Türkei, den Kaukasus, Mittelasien bis nach Westchina. Glycyrrhiza inflata: Westchina. Glycyrrhiza uralensis: Von Mittelasien bis China.

Droge: Die getrockneten, ungeschälten oder geschälten, ganzen oder zerkleinerten Wurzeln und Ausläufer von Glycyrrhiza glabra L., Glycyrrhiza inflata BAIT. und/oder Glycyrrhiza uralensis FISCH.,  die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Glycyrrhizinsäure von 4,0 Prozent aufweisen.

Beschreibung der Droge: Die nur schwach verzweigten Wurzeln besitzen eine bräunlichgraue bis braune, längsgestreifte Rinde mit Narben von Nebenwurzeln. Der Durchmesser der zylindrischen Ausläufer beträgt 1 - 2 cm. Allgemein sind sie den Wurzeln sehr ähnlich, doch anstelle der Narben der Nebenwurzeln besitzen sie gelegentlich Knospen sowie Spuren von Blattbasen bzw. Schuppenblättern. Der Bruch von Wurzel und Ausläufern ist körnig und faserig und weist somit keine glatte Bruchfläche auf. Die Korkschicht ist schmal, die Innenrinde dick, schwach gelb und radialgestreift. Der Holzkörper ist kompakt und von radialer Struktur. Die Ausläufer besitzen in der Mitte ein den Wurzeln fehlendes Mark. Die von der Rinde befreite geschälte Droge ist hell- bis dunkelgelb mit faserig-rauher Oberfläche.

Geruch und Geschmack: Schwacher und kaum wahrnehmbarer Geruch und sehr süßer, leicht aromatischer Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: B. Englisch: T. Lateinisch: R.

Herkunft: I.

Inhaltsstoffe: Sowohl quantitativ als auch hinsichtlich der pharmakologischen Wirkung der Droge wichtigste Inhaltsstoffgruppen sind Triterpensaponine, freie Triterpene, Flavonoide, Isoflavonoide und Chalkone. Triterpensaponine: Überwiegend das sehr süß schmeckende (etwa 50mal Süßer als Rohrzucker) Glycyrrhizin, bei dem es sich um ein Diglucuronid der Glycyrrhetinsäure handelt. Gehalt 2 bis 15 Prozent (Mindestanforderung des Europäischen Arzneibuchs 4,0 Prozent). Im Allgemeinen enthält die von G. inflata stammende Droge höhere Mengen an Glycyrrhizin. In der von G. uralensis stammenden Droge zahlreiche weitere Saponine. Unter diesen sowohl Glykoside der Glycyrrhetinsäure (Licoricesaponin A3, Uralsaponine A und B) als auch anderer Sapogenine (u. a. 3ß-Hydroxyoelan-12-en-30-säure, 3ß-Hydroxyolean-11,13 (18)-dien-30-säure und 22ß-Acetoxy-3ß-hydroxyolean-12-en-30-säureFreie Triterpene: Identifiziert wurde eine nahezu unendliche Anzahl an Verbindungen wie z. B. Desoxyglabrolid, 11-Desoxyglabrolid, Glabrolid, Isoglabrolid, 24-Hydroxy-11-desoxyglycyrrhetinsäure, 18α-Hydroxyglycyrrhetinsäure, 3ß-Hydroxyolean-11,13 (18)-dien-30-säure und 3ß-Hydroxyolean-12-en-30-säure. Flavonoide: Genaue Gehaltsangaben fehlen. Als Hauptvertreter gelten Liquiritin (Liquiritigenin-4'-O-glucosid) und dessen Aglykon Liquiritigenin. Darüber hinaus wurde eine nahezu unendliche Anzahl an Verbindungen mit einer nicht zuletzt durch Prenylierungen (u. a. Glabrol, 3,4',5,7-Tetrahydroxy-3'-prenylflavon) verursachten enormen strukturellen Vielfalt identifiziert, von denen einzelne für die jeweiligen Stammpflanzen charakteristisch sind (4',7-Dihydroxyflavon für G. inflata). Isoflavonoide: Ebenfalls häufig prenylierte Verbindungen mit großer struktureller Vielfalt. Vertreter sind beispielsweise das auch in anderen Fabaceen häufig anzutreffende Formononetin sowie zahlreiche gattungsspezifische Komponenten wie Glabren, Glabridin (typisch für G. glabra), Glycyrrhisoflavanon, Licoricidin und 1-Methoxyphaseollin. Chalkone: Isoliquiritigenin und dessen 4-O-Glucosid Isoliquiritin sowie weitere Verbindungen wie Licochalkon B, ß-Hydroxy-DHP [1-(2,4-Dihydroxyphenyl)-3-hydroxy-2-(4'-hydroxyphenyl)-1-propanon] und das prenylierte Licochalkon A. Weitere Komponenten: Cumarine wie z. B. das für G. uralensis charakteristische Glycycumarin, geringe Mengen an ätherischem Öl mit Bestandteilen wie Anethol, Eugenol und Estragol und 10 bis 20 % Polysaccharide.

Wirkungen: Sekretolytisch und expektorierend sowie antiulcerogen. Die Wirksamkeit gegen Magengeschwüre wird insbesondere der Glycyrrhizinsäure bzw. ihrem Aglykon Glycyrrhetinsäure zugeschrieben. Der Wirkungsmechanismus besteht vermutlich in einer Hemmung der Aktivität der δ4-5 ß-Reduktase, was eine Verzögerung des Abbaus und damit der Ausscheidung der Corticosteroide zur Folge hat. Weiterhin konnte eine Aktivität gegen Helicobacter-Bakterienstämme nachgewiesen werden, denen bei der Entstehung von Magengeschwüren eine zentrale Rolle zugeschrieben wird. Darüber hinaus wurden direkte entzündungshemmende Wirkungen nachgewiesen, wobei den Isoflavonoiden und unter diesen speziell dem Licoricidin als hoch potentem Inhibitor der lysosomalen Plättchenaktivierungsfaktor-Acetyltransferase besondere Bedeutung zugeschrieben wird.
Süßholzwurzel zählt zu den am intensivsten untersuchten pflanzlichen Drogen. Daher sind in der Literatur zahlreiche weitere Effekte dokumentiert. Zu diesen zählen unter anderem neben der bereits oben erwähnten Aktivität gegen Helicobacter antimikrobielle Effekte gegen eine Reihe von Bakterien- und Pilzstämmen, antivirale, estrogene, spasmolytische und leberprotektive Wirkungen. Weiterhin wurde in verschiedenen Arbeiten eine Antitumorwirkung nachgewiesen. Ursprünglich wurde vermutet, dass diese ebenfalls auf einem Eingriff in den Corticosteroidstoffwechsel beruht, insbesondere dabei auf einer Senkung des Testosteronspiegels und der damit einhergehenden chemischen Kastration. In einer neueren Arbeit konnte gezeigt werden, dass Süßholzwurzel, namentlich das aus dieser isolierte Chalkon ß-Hydroxy-DHP, die Expression des antiapoptotisch wirkenden Protoeins Bcl-2 hemmt.

Anwendungsgebiete: Katarrhe der oberen Luftwege, Geschwüre des Magens und des Zwölffingerdarms.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Neben .......................

Gegenanzeigen: Cholestatische Lebererkrankungen, Leberzirrhose, Hypertonie, Hypokaliämie, schwere Niereninsuffizienz, Schwangerschaft.

Unerwünschte Wirkungen: Bei längerer Anwendung und höherer Dosierung können mineralcorticoide Effekte in Form einer Natrium- und Wasser-Retention mit Ödemen (insbesondere kommt es zu einer vermehrten Wassereinlagerung mit leichten Schwellungen im Bereich von Gesicht und Fußgelenken), Kaliumverlust mit Hochdruck, Hypokaliämie und in seltenen Fällen Myoglobinurie auftreten. Alle bisherigen Befunde deuten darauf hin, dass sämtliche mineralocorticoiden Nebenwirkungen nach dem Abbruch der Anwendung von Süßholzwurzel vollständig verschwinden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Durch andere Arzneimittel wie z. B. Thiazid und Schleifendiuretika verusachte Kaliumverluste können verstärkt werden. Durch die Kaliumverluste kann die Wirkung von herzwirksamen Glykosiden verstärkt werden.

Dosierung und Art der Anwendung: Die .....

Sonstige Verwendung: Der eingedickte wässrige Extrakt ist der Rohstoff zur Herstellung von Lakritze bzw. zur Produktion von lakritzhaltigen Konfekten. Weiterhin verwendet in der Lebensmittelindustrie zur Herstellung von Kautabak, Porter und Ale sowie als Süßstoff und Geschmackskorrigenz, in den USA überwiegend zur Aromatisierung von Tabakprodukten. In China und Japan verwendet man die Droge ferner in der Tusche- und Tintenfabrikation. Die extrahierte Droge wird gelegentlich in der Landwirtschaft als Dünger für Pilzzuchten genutzt.


Bilder:

Glycyrrhiza glabra ist eine ausdauernde Staude mit unpaarig gefiederten Blättern, die bis 2 m hoch werden und ein Lebensalter bis ca. 15 Jahre erreichen kann (s. Abbildung links). Bevorzugt anzutreffen ist die Pflanze auf Sand- und Lehmböden an ausgesprochen trockenen Stellen. Die etwa 1 bis 1,5 cm langen, bläulich bis hellviolett gefärbten, kurz gestielten Blüten finden sich in relativ dicht gedrängten (s. Abbildung halblinks) bis recht lockeren Trauben. Ungeschälte Wurzel und Ausläufer sind durch die gleichermaßen braune Färbung der Rinde charakterisiert (s. Abbildung rechts).


Literatur:

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Bielenbert J, Isoflavonoide als Mediatoren antiinflammatorischer und antiallergischer Wirkungen der Süßholzwurzel, Z. für Phytotherapie 22 (2001): 289-93;

Engels G, Licorice, HerbalGram 70 (2006): 1-5;

Hayashi H, Hattori S, Inoue K, Sarsenbaev K, Ito M, Honda G, Field Survey of Glycyrrhiza Plants in Central Asia (1). Characterization of G. uralensis, G. glabra and the Putative Intermediate Collected in Kazakhstan, Biol. Pharm. Bull 26 (2003): 867-71;

Rafi MM, Vastano BC, Zhu N, Ho CT, Ghai G, Rosen RT, Gallo MA, DiPaolo RS, Novel Polyphenol Molecule Isolated from Licorice Root (Glycrrhiza glabra) Induces Apoptosis, G2-M Cell Cycle Arrest, and Bcl-2 Phosphorylation in Tumor Cell Lines, J. Agric. Food Chem. 50 (2002), 677-84;

Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2005, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 223 vom 05.05.1988  (Berichtigung 13.03.1990); Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999.


© Thomas Schöpke